Sie verfluchte Sabrina, während sie die Gäste verscheuchte und die Tür der Taverne vorzeitig schloss. Wäre diese völlig verwöhnte Sklavin von Quintus nicht so krank geworden dass Vaia im Ludus aushelfen musste, hätte Faba nicht auf die Einnahmen von heute verzichten müssen. Aber das hier war wichtiger, so viel wichtiger.
Raschen Schrittes eilte sie durch die Stadt um schließlich
vor Tiberius' Tür anzuhalten und hektisch zu klopfen. Ungeduldig lauschte sie
mit wild schlagendem Herzen, aber kein Laut war zu hören. Sie rüttelte unruhig an
der Klinke der Tür, nur um nach vorne stolpernd festzustellen dass diese gar
nicht abgeschlossen war. Ihre lauten Rufe durchschnitten die Stille und endlich
vernahm sie eine zögerliche Antwort. Florinas Stimme - die Bäckerin war also
wirklich beim Medicus untergebracht worden. Schluchzend warf sich diese in die
Arme ihrer Freundin.
Die letzten Tage hatten sichtbare Spuren an der Bäckerin
hinterlassen. Faba machte sich selbst heftige Vorwürfe, weil sie vor lauter
Trubel um Taverne und Familienleben so wenig Zeit für sie gefunden hatte. Grimmig
gab sie sich selbst das Versprechen dieses ab jetzt zu ändern.
Sanft auf sie einredend versuchte sie die große Frau zu
beruhigen und führte sie aus dem so beklemmend nach Medizin und Krankheit
riechenden Domus des Medicus nach draußen in den großen Park. Aber der warme Schein
der Abendsonne, das Gezwitscher der Vögel und das duftende weiche Gras unter
ihnen bekam etwas Irreales, als sie nach und nach realisieren musste, dass die
Gerüchte stimmten. Sie versuchte ihrer Freundin aufmunternd zuzulächeln,
während ihre eigenen Gedanken wie wild rasten.
Florina hatte Maja angegriffen und verletzt. Der Überfall und
die dadurch entstandenen hohen Reparaturkosten hatten die frischgebackene Bäckerin
in die Geldnot getrieben. Ein Umstand, der sich nicht dadurch besserte, dass
ihr die reichen Bürger Brundisiums lieber wertvolle Geschenke als Geld gaben -
Geschenke, die sie nicht veräußern konnte ohne dass der Verdacht des Diebstahls
auf sie fiel. Und da war der Streit mit Farshid gewesen, der sich über die
Qualität ihrer Waren beschwerte. Die arme Maja, die ihr nur gefolgt war um ihr
zu helfen, hatte schließlich ihren gesamten Zorn zu spüren bekommen.
Das klang alles gar nicht nach der Freundin die sie einst
kannte. Aber die Not konnte Menschen verändern - Faba hatte es in den Tagen, als
die Krankheit über ihre Familia hereinbrach, zu oft gesehen. Sie erinnerte sich
an die Heftigkeit mit der Florina Msanaa angegriffen hatte. Nun, vielleicht
wäre alles besser wenn man die Not erst einmal gelindert hätte. Wenn sie doch
nur für sie da gewesen wäre..
Aber jetzt war sie ja hier. Sie reichte ihr ein Tuch um ihre
Tränen zu trocknen und lud sie in die Taverne ein. Das vertraute Kochen würde
ihr gewiss helfen wieder zu sich zu finden. Eiligen Schrittes ging sie schon
einmal vor um alles vorzubereiten, während Florina sich herrichtete.
Schief pfeifend öffnete sie die Tür der Taverne und legte in
der Küche schon einmal alles für das anstehende Festmahl bereit. Sie wartete
lange, aber Florina kam einfach nicht. Seufzend entzündete Faba eine Kerze und
bereitete wenigstens schon einmal einen Obstsalat zu, um sich etwas abzulenken.
Zaghaft machte ihr schlechtes Gewissen wieder auf sich
aufmerksam und so stieg sie die hölzernen Treppenstufen zu den Privaträumen
hinauf. Behutsam hob sie das lose Dielenbrett an, das über ihrem geheimen
Versteck lag. Sorgsam aufgerollt lagen dort ihre wichtigsten Dokumente und die
Beutel mit ihrem Geld. Sanft schimmerte das Gold im schwachen Licht der Kerze,
als sie den ersten Beutel öffnete. Wie viel Florina wohl brauchen würde? Leise
klimperten die Geldstücke, als die Wirtin sie schnell zählte. Derart abgelenkt
vernahm sie nicht die vorsichtigen Schritte auf der Treppe und schaute erst
hoch, als sie leise Worte vernahm. Ein kalter Schauder lief ihren Rücken hinab
und sie erstarrte, unfähig sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.
Den plötzlichen Schmerz des eindringenden Messers spürte sie
in ihrem Schock kaum. Ein letztes Mal öffneten sich ihr Mund, aber anstelle von
Worten verließ nur ein warmer Blutstrahl ihre Lippen. Ein kurzes Zucken, dann
erstarrte sie und kippte leblos nach vorne.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen