Sonntag, 12. August 2012

Aggressionen und Besorgungen

Zart und rosig fühlte sich die weiche Haut unter ihren Fingerspitzen an und sie senkte den Kopf, um den verlockenden Duft tief einzuatmen. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen als sie sich vorstellte, ihre scharfen Zähne genüsslich in das süße Fleisch zu schlagen während der aromatische Saft ihre Lippen netzte.
Fröhlich ließ sie sich direkt einen ganzen Beutel dieser köstlichen Pfirsiche geben und drehte sich um, als sie den freundlichen Gruß des Ehepaares Granatus vernahm. Sie waren wohl gerade auf dem Weg zu ihrer Taverne und die Wirtin nahm gerne das Angebot an, ihr beim Tragen der Einkäufe behilflich zu sein. Erleichtert stellte sie fest das sich die Stimmung zwischen den beiden offensichtlich gebessert hatte; Corinus Wunsch nach mit Wasser verdünntem Wein schien ihr da ein sehr zuverlässiger Indikator zu sein. Als er sie alleine in die Küche begleitete um die Einkäufe abzustellen, nutzte sie die Chance ihm eine leise Warnung zuzuraunen: "Sei vorsichtig... und nutze mich bitte nicht das nächste mal als Ausrede wenn du in einem so desolaten Zustand nach Hause kommst." Maja tat ihr leid und es ging ihr gehörig gegen den Strich, das "ihre" Gäste mit ihrem verwahrlosten Zustand die Taverne in einen so schlechten Ruf bringen sollten. Es war vielleicht nur eine einfache Hafenkneipe, aber immer noch besser als der gewissenlose Ausschank minderwertigen Fusels wie sie in den zahlreichen billigen Bordellen hier betrieben wurden.

Aber der eheliche Frieden sollte nicht lange wären. Faba hatte ihnen gerade ihre Bestellung gebracht und es Maja überlassen, den Wein für die beiden fachgerecht mit Wasser zu mischen, als es wieder losging. Die Wirtin hatte sich gerade zu ihrem Mann an den Nachbartisch gesetzt, als jemand laut losspuckte und fluchte.
"Ich bin doch kein Rindviech was Wasser trinkt!" - es war Corinus Stimme, die laut seinem Unbill Luft machte. Die Antwort seiner Frau war äußerst kühl: "Du wolltest Wasser, schon vergessen?" "Nein! Ich wollte Wein mit Wasser, nicht Wasser mit Wein. Mach dir keine Sorgen um dein Kleid - DAS gibt NUR Wasserflecken."

Und als ob es das Startsignal für weiteres Chaos war, griff dieses langsam aber sicher um sich. Florina rannte mit einem Korb voller Brötchen, die Faba für ihre Taverne bestellt hatte direkt gegen die breite Brust des ersten Lanistas und verlor über die Hälfte ihrer frischgebackenen Fracht. Der neue Gladiator des Ludus Granatus half ihr zwar sie aufzulesen, aber die schmutzbedeckten Semmeln waren offensichtlich nicht mehr für den Verkauf geeignet. Maja rauschte mit funkelnden Augen und mit roten Weinflecken durchnässter Robe davon, nur um kurz darauf mit provokant freizügiger Kleidung wieder zu erscheinen. Und Thalab misshandelte den guten Würzwein, den sein Dominus ihm ausgegeben hatte, auf barbarische Art und Weise.

So war es kein Wunder, dass sich die allgemeine Stimmung nach und nach aufheizte. Und so dauerte es auch nicht lange bis die beiden ältesten Streithähne mal wieder ihrer liebsten Beschäftigung nachgingen.
Corinus hatte stolz seinen Neuerwerb - Anaeus - vorgeführt, dessen Fähigkeiten er vollmundig anpries und gleich einen Übungskampf mit Thalab vorgeschlagen. Natürlich schaukelte sich die Gemüter hoch und schnell war man wieder mit den gewohnten Beleidigungen zur Hand.
"Ein einfacher Dachdecker will mir erzählen ich hätte keinen Blick für einen guten Gladiator.....geh wieder Dächer decken Corinus, das kannst du besser!" stichelte Quintus.
"Ja Quintus, ich mag Dachdecker gewesen sein, und ich bin sicher, ich decke so einiges besser als du. Dennoch erkenne ich einen guten Kämpfer wenn ich einen sehe. Also was ist, feige?"
"Ich weiß das du der Decker in Brundisium bist, es wird ja genug erzählt in den Strassen."
Faba fragte sich warum das ganze Wortduell auf Kosten von Maja ausgetragen werden musste. Aber anscheinend machten die Gerüchte wohl schon die Runde und die sonst so sanfte Frau konnte sich wohl noch auf einiges gefasst machen.

Die verbale Auseinandersetzung der beiden Lanista ging nicht ohne Spuren an den Gladiatoren vorbei, die sich schon die ganze Zeit argwöhnisch gemustert hatten. Aufgeregt wippte der Neue auf den Fußspitzen, während Thalab grimmig die Knöchel knacken ließ.

Und dann die erlösenden Worte von Quintus an seinen besten Kämpfer: "Hau diesen Gladiator um!" Dieser nickte freundlich: "Wie Du mögen, Dominus" und flog wie alle anderen von der Sim.

Nachdem sich die Taverne nach und nach geleert hatte blieb die Wirtin alleine mit ihrem Mann zurück. Auch er hatte sich einen neuen Gladiatoren gekauft, der bald bei ihm eintreffen würde. Ein Gallier, blass, hellhaarig und wild der bereits einige Erfahrung als Gladiator sammeln konnte.
Ihre Mutter war auch Gallierin gewesen - gut konnte sie sich noch an das hellgelbe Haar, die milchfarbene Haut und die blitzenden blauen Augen erinnern die den ihren so unähnlich waren. Schnell verdrängte sie den Gedanken und erkundigte sich nach der bevorzugten Kampfart. Schwert und Schild oder direkt zwei Schwerter. Damit hätte der Ludus keinen Retarius mehr, da Msanaa dafür nach Capua gehen sollte. Aber Quintus wusste bestimmt was er tat und ihr war es lieb, wenn die furchtbaren Tierhatzen erstmal aufhörten. Und sie hätte ihr Versprechen gehalten - der Gladiator konnte da wie gewohnt um sein Leben kämpfen und wäre vorerst nicht den Widrigkeiten des harten Lebens eines Steinbruchsklaven ausgesetzt.

Verlegen bat sie ihn um einen Gefallen und war ihm dankbar als er ihre Hand ergriff um sie zu einem Ort zu führen vor dem sie sich um mehr als alles andere fürchtete. Ein Gang der zu lange schon fällig war und ihr dennoch ihr Herz wie wild pochen ließ.
Während er sich geschäftig dem Händler zuwendete und direkt auf das Anliegen zu sprechen kam, musterte sie erstmal mit großen Augen das Angebot. Dürr erschien es ihr und sie wandte sich schließlich einer Frau zu, die ein wenig abseits vor einem Metallkäfig stand.

Höflich beantwortete sie die neugierigen Fragen während Quintus skeptisch ihren Leib musterte. Vaia hieß sie, stammte aus Syrakus und beherrschte neben dem fließend gesprochenen Latein zudem Griechisch. Nach all den furchtbaren Jahren mit ihrem griechischen Hauslehrer wollte sie mit dem Volk eigentlich nichts mehr zu tun haben, aber diese hier konnte dadurch zumindest ein wenig lesen und schreiben. Was sich neben ihrer Erfahrung als Küchensklavin als durchaus nützlich erweisen konnte.

Das Ehepaar sah sich an, kam zum selben Ergebnis und Quintus stürzte sich in die Verhandlung mit dem Sklavenhändler. Wild gestikulierte er, schimpfte, verhandelte, schimpfte weiter und drohte schließlich, bis aus den ursprünglich geforderten 300 Denaren 90 wurden. Voller Stolz betrachtete sie ihren Mann mit klopfendem Herzen.
Eine eigene Sklavin - etwas woran sie früher nie gedacht hätte. Als Geschenk ihres Mannes - sie konnte ihr Glück gar nicht fassen und fiel ihm in die Arme.

Das würde ihr Leben stark verändern - aber ihr wohl auch ein wenig der ersehnten Ruhe bringen. Mal sehen wie sie sich machen würde.

1 Kommentar:

  1. hahaha......
    "und flog wie alle anderen von der Sim"

    das hast Du derart trocken eingeflochten, da tut mir jetzt echt das Zwerchfell weh so hab ich gelacht.
    Immer wieder schön zu lesen, Dein Blog

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