Donnerstag, 26. Juli 2012

Fruchtbarer Boden

Viel zu wach starrte sie an die Zimmerdecke. Wieder das ruhige Atmen neben ihr, an das sie sich jetzt schon fast gewöhnt hatte. Dieses mal würde sie ausschlafen und genießen, dass jemand anderes ihr Frühstück zubereitete. Aber wieso fand sie dennoch keinen Schlaf?
Wie kam es das sie jetzt schon an ihrem Mann gezweifelt hatte?
Sie schloss die Augen und ließ den Abend noch einmal Revue passieren.

Zuerst war ein neuer Gast in der Taverne aufgetaucht. Offensichtlich knapp bei Kasse, dafür aber reich an Worten. Sie kannte diese Art Mensch. An unsteten Orten wie ihrer Hafentaverne begegnete man ihm immer wieder. Bei der Armee gedient, zuviel gesoffen und gehurt, dann nach der üblichen Laufzeit ausgeschieden oder schlimmer, unehrenhaft wegen Disziplinlosigkeit oder eines anderen Vergehens entlassen worden und jetzt auf einmal ohne Geld und Sicherheit gestrandet. Ziellos herumirrend wie ein losgeschlagenes Segel im Wind. Sie lächelte ihm freundlich zu - dem Alter nach könnte er tatsächlich die Dienstzeit auf ehrenvolle Art und Weise beendet haben.
Die Frage ob sie hier alleine wäre - kein gutes Zeichen. Sie war fast dankbar als Agape - offensichtlich auf der Jagd nach betuchter Beute - um die Ecke kam und sich der Taverne näherte.

Und da war sie schon, die erwartete Frage: "Gibt`s hier in der Stadt noch Arbeit ? Ich suche nämlich zufällig gerade welche..."
Natürlich hatte er kein produzierendes Handwerk erlernt. Einfache Arbeiten suchte er - ahh, da war sie auch, die Erwähnung der Armeezeit - und das Angebot Leute raus zu schmeißen. Währenddessen hatte Agape schon ihre Ware eindrucksvoll auf der Bank drapiert und ging in den Angriff über. Vielleicht konnte sie ihm tatsächlich eine Arbeit verschaffen, immerhin war sie ja noch dabei ihr Lupanar aufzubauen und ein starker Mann für unliebsame Gäste war gewiss nicht verkehrt. Und wenn sie keine Arbeit für ihn hatte, so schien sie dennoch darauf erpicht ihm ein anderes Angebot zu machen.

Quintus erschien und sie ließ ihre Gäste allein um in der Taverne die Bestellungen zu erfüllen. Kurz darauf erschien Florina bei ihr mit einem überaus traurigem Gesichtsausdruck. Anscheinend dämmerte der fleischigen und eingefleischten Optimistin jetzt auch, das ihr Verlobter trotz aller Erwartungen immer noch nicht erschienen war. Faba umarmte sie tröstend und bot ihr an die Küche benutzen zu dürfen, bevor sie wieder nach draußen eilte um ihren Gästen die Getränke zu reichen.

Draußen bekam sie nur vereinzelte Gesprächsfetzen mit bevor sie wieder nach drinnen lief um neugierig der Kochbegeisterten bei ihren kulinarischen Künsten zuzuschauen und ihr ein wenig Trost und Hilfe zu spenden. Wie sie Dinge kombinierte! Ei mit Obst und gutem Wein.. aber der gute Geruch schien ihr Recht zu geben.
"Du solltest wirklich etwas aus deinen Kochkünsten machen" schlug Faba vor bevor sie wieder nach draußen ging um den Gästen auch etwas von dem Gericht anzubieten, die Menge war ohnehin überaus reichhaltig bemessen - was man auch über die eingesetzte Portion Pfeffer sagen konnte.

Und irgendwie war ab hier alles vollkommen schief gelaufen. Nachdem die veredelten Birnen großzügig auf alle Anwesenden verteilt worden waren hatten sich die beiden Frauen nach draußen begeben und zu den Männern an den Tisch gesetzt, während Agape wegen einem Termin davoneilte. Aber das Gespräch war aber auch missverständlich gewesen...

"Es gibt also zwei Ludi in dieser Stadt und euer Konkurrent macht euch momentan Probleme?" sagte der Fremde, den Quintus eben Pinto genannt hatte.

"Jeder Konkurrent ist ein Problem, aber dieser ist ein Emporkömmling. Er hat den Ludus geerbt und mit ihm ein Tier von einem Gladiator, welcher meinen Favoriten fast in Stücke zerschlagen hat. Damit habe ich nicht nur einen guten Gladiator verloren, sondern auch den jahrelangen Titel als erster Ludus von Brundisium." erwiderte Quintus.

"Aber einen Mann kann man doch knacken- wenn er ein Tier ist, ist er bestimmt nicht besonders beliebt....Wie heißt dieser Ludusbesitzer? Mir scheint er hat nur gewonnen weil er den richtigen Mann im Ludus hatte - nicht weil er weiss wie man einen Ludus führt".

Heiß brannte sich der Pfeffer in Fabas Kehle und sie rang nach Luft. Wasser! Dankbar nahm sie Pintos Angebot an und bediente sich großzügig aus seinem Wasserkrug, während alles um sie herum von dem heißen Brennen in ihr verdrängt wurde.

Und dann Pintos letzter Satz: "Hey es sieht aus als würden wir beide von 'ner Zusammenarbeit profitieren. Ich versuche diesen Typen platt zu machen und wenn`s mir gelingt zahlst du mir `ne angemessene Belohnung- wenn nicht hab ich halt Pech gehabt aber du hast`s versucht..."

Argwöhnisch musterte Faba die beiden Männer. Das konnte doch nicht ihr Ernst sein? In ihrem Kopf überschlugen sich alles. Heuerte ihr Mann gerade in aller Öffentlichkeit einen Mörder an um den unliebsamen Feind loszuwerden? Bei den Göttern, der Verdacht würde sofort auf ihn fallen... Wie konnte er nur so leichtfertig sein? Bei all den seltsamen Unglücksfällen die Corinus in letzter Zeit passiert waren und deren er Quintus beschuldigte - Nein, das war viel zu gefährlich.

Und er zuckte nur mit den Schultern: "Mir ist jedes Mittel recht. Hauptschache ist, der Ludus Granatus bekommt mal wieder einen Dämpfer". Die Antwort ihres Mannes beruhigte sie kein bisschen.

"Quintus, wenn man dich dafür verantwortlich macht und den Löwen zum Fraß vorwirft..." sie wagte es gar nicht den Satz zu beenden.

"Wieso verantwortlich? Es würde ein ehrenwerter Kampf in der Arena werden." sagte er erstaunt und auf einmal verstand sie worum es wirklich ging. Quintus versuchte nur Pinto als Gladiator anzuheuern! Ach, wie hatte sie dieses so Selbstverständliche so falsch verstehen können? All die kleinen Gemeinheiten, die Sticheleien, die Anschuldigungen von Corinus... Wie war es so weit gekommen das sie bei ihr auf so fruchtbarem Boden fallen konnten? Wie hatte sie ihren Mann für derart naiv halten können?

Unruhig wälzte sie sich hin und her. Quintus hatte ihr verziehen. Aber konnte sie sich selber diesen hässlichen Verdacht jemals vergeben?

1 Kommentar:

  1. Wirklich schön geschrieben, macht echt Freude die Geschichten zu lesen und das alles nochmal Revue passieren zu lassen.

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