Dienstag, 10. Juli 2012

Umbrüche

Es gibt Tage die einen völlig aus den festgefahrenen Bahnen werfen und das eigene Leben völlig verwandeln können. Dieser war so einer. Eigentlich war nichts wirklich Außergewöhnliches passiert, aber drei voneinander unabhängige Ereignisse bewirkten das etwas in Faba sich veränderte...

Das erste Ereignis erfüllte sie mit Trauer, es war der Auszug der alten Wirtin am frühen Morgen. Dieses hatte sie schon seit langer Zeit geplant und endlich trug der rege Briefwechsel mit ihrer Familie in Capua Früchte. Das Transportmittel war zwar nicht wie gewünscht eine sechsspannige Kutsche die von rassigen Rössern gezogen wurde sondern nur eine einfache Sänfte, was aber vermutlich für die Gelähmte auch wesentlich bequemer auf den teils unebenen Wegen war. Und das Ehrengeleit hatte sich auf die tränenumflorte Faba reduziert, die unter dem Abschied sichtlich litt. Die Pflege der schlechtgelaunten Kranken war zwar nicht immer schön gewesen, aber sie hatte es genossen sich abends einfach zu ihr zu setzen und ein wenig zu plaudern. Neben der älteren und erfahrenen Frau kam sie sich immer so naiv und dumm vor, aber begierig hatte sie deren Geschichten gelauscht, auch wenn sie nicht immer alles verstanden hatte. Ein ganzer Haufen vermeintlich guter Ratschläge der Scheidenden schwirrten durch Fabas Kopf als diese sich vom Stadttor zurück zu ihrer Taverne begab, die sie jetzt hochoffiziell von ihrem eigenen Geld gemietet hatte - und dem Versprechen die alte Wirtin regelmäßig über den neuesten Klatsch und Tratsch in Brundisium zu schreiben.

Das zweite Erlebnis war Eifersucht und tauchte in Form einer schönen Frau am Hafen auf. Auffällig waren die Gewänder geschnitten und enthüllten mehr als sie verbargen, eine Mode die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Wie elegant der Stoff die üppigen Kurven der Frau umschmeichelte und wie sie die Blicke auf sich zog!
Dennoch machte sie etwas stutzig. Die übertriebene Drehung der Hüfte, die Art und Weise wie sie eine Spange an ihrer Sandale richtete ohne zu beachten welch verführerischen Einblick sie dabei bot... jede der Bewegungen wirkte leicht und natürlich, aber die Frau schien sich ihrer Wirkung durchaus bewusst zu sein und diese gezielt einzusetzen. Mit einer Mischung aus Bestürzung über die unverhohlene Schamlosigkeit und Bewunderung für das selbstsichere Auftreten beobachtet Faba sie gebannt, als Quintus auf einmal in ihr Blickfeld trat.
Schlagartig füllte sich dann auch auf einmal die Taverne und nahm ihr damit jede Möglichkeit mit Quintus in Ruhe zu plaudern. In der Hinsicht schien sie diese Wölfin in Frauengestalt, die sich dazugesellt und als Agape vorgestellt hatte, aber aufs trefflichste zu ersetzen - eine Tatsache die ihr absolut nicht behagte.
Fassungslos beobachtete die Wirtin das Geschehen und zum ersten mal verspürte sie Neid und plötzlich wurde ihr klar was Quintus ihr wirklich bedeutete. Zuviel um ihn einfach so an dieses Raubtier zu verlieren. Aber was konnte sie tun? Ihre Gäste hielten sie auf Trab und ihr blieb keine Möglichkeit sich zu ihm an den Tisch zu setzen.
Erleichterung durchfuhr sie als Agape später mit dem unerfahrenem Nachwuchsgladiator Emnis abrauschte und sie fragte sich ob sie ihn jemals wieder sehen würde...

Der dritte Auslöser war Leidenschaft. Diese erschien in Form eines neuen Gastes mit äußerst üppigen Kurven - vor allem rund um die Bauchregion. Florina nannte sie sich und erkundete sich sofort nach den in der Taverne angebotenen Speisen, immerhin war sie nach einer langen Reise hungrig. Faba gab ihr bestes um die anscheinend sehr wählerische Frau zufrieden zu stellen. Und der schwere Wein aus Heraclea lockerte schon schnell Zunge und Herz der drallen Blondine und sie begann Quintus und der Wirtin die Umstände ihrer Reise zu berichten. Während sie dem Wein weiterhin fröhlich zusprach und genüsslich über Fabas Vorräte herfiel, berichtete sie von ihre zwei durch den Vater arrangierten Ehen und der Flucht vor der dritten. Sie würde sich hier mit ihrem Marcus treffen und mit ihm zusammen in eine wunderbares Leben davonsegeln. Ihre Augen glühten in wahrer Leidenschaft und ihre Stimme bebte vor Vorfreude während sie die Vorzüge ihres Liebhabers schilderte.

Als die Wirtin die trunkene Florina schließlich sicher in einem der Gästezimmer untergebracht hatte und zurück zu ihrer Taverne eilte, in der Quintus sich trotz seines Geldes und seiner ganzen Sklaven eigenhändig daran gemacht hatte ihr beim Abwasch zu helfen, brannte etwas in Faba durch.

War es die Angst vor den großen, jetzt leeren Räumen oben in der Taverne und das Gefühl der Einsamkeit die das Haus nun verströmte? Furcht das diese männermordende Bestie Agape über Quintus herfallen könnte? Oder Florinas Leidenschaft die durch all die Erzählungen etwas Verdrängtes in ihr zum lodern gebracht hatte?

Sie wusste es selbst nicht als alles um sie herum verschwamm und sie zum ersten mal in ihrem Leben alle Ratschläge und Erziehung vollkommen ignorierte und sich einfach nur ihren Gefühlen - und damit auch Quintus - hingab.

"Ich würde mich freuen, wenn du drei Nächte in meinem Hause verbringen würdest".

Als sie sich erschöpft und glücklich aneinander kuschelten erinnerte er sie wieder an ein hier übliches Hochzeitsritual. Eines das auch die Macht ihres Patrons aushebeln würde, dem sie offiziell immer noch unterstand. Aber würde sie sich so nicht so von einer Abhängigkeit nur in die nächste begeben? Sie, die zum ersten Mal in ihrem Leben so etwas wie Freiheit spürte?

Was würde aus ihrer gerade frisch erworbenen Taverne werden?

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