Freitag, 6. Juli 2012

Was tun wenn man keine Katze findet?

Lange hatte sie an diesem Tag mit der alten Wirtin gesprochen, bevor sie die Taverne verließ um ein wenig in Ruhe sinnieren zu können. Aber die kühlende Brise am Meer vermochte nicht ihre hitzigen Gedanken zu kühlen und ihr bei all dem Gefühlswirrwarr ein wenig Klarheit zu verschaffen. Es war soviel neues in den letzten Tages auf sie zugekommen, so viele neue Gefühle und Erfahrungen, das sie fast alles vorherige verdängt hatten. Krankheit und Tod, zärtliche Berührungen und klopfende Herzen, wilde Geschichten und rätselhafte Rattenangriffe.
Als sie sich wieder der Taverne zuwandte hatten sich schon Maja, Corinus und deren Sklavin Serena eingefunden. Offensichtlich war die alte Wirtin ihren früheren Pflichten eher nachlässig nachgekommen, da Serena sich bestens auskannte und Faba wie selbstverständlich beim Servieren half. Corinus hatte erst kürzlich ein - wohl durch die Rattenbisse verursachtes - schweres Fieber überstanden und Maja achtete sorgsam darauf, das ihr eifrig protestierender Ehemann nur verdünnten Wein erhielt.

Dennoch humpelte er in Fabas Begleitung die ausgetretenen Treppenstufen hinauf um die alte Wirtin zu besuchen. Trotz des Schocks den ihr Anblick wohl bei ihm verursachte bedankte er sich freundlich für den Schnaps und ließ sich mit einem gequälten Lächeln bereitwillig über den Tisch ziehen, als die Wirtin für die verstaubte Amphore einen derart horrenden Preis verlangte, dass damit die kompletten Ausgaben der Taverne für die nächsten drei Monate gedeckt wären. Und wie die Wirtin strahlte als er die im Abendlicht leuchtenden Münzen auf ihre Bettdecke legte! So glücklich hatte Faba sie seit ihrer Ankunft nicht mehr erlebt. An diesem Abend gingen die Getränke der Familie Granatus aufs Haus.

"Ohne das Zeug wäre ich nun tot. Halb Brundisium würde jubeln wenn ich zu den Göttern gehe." Die Worte des Lanistas erschreckten sie. Warum sollte sich jemand über seinen Tod freuen? Aber anscheinend war das auch nur ein rätselhaftes Ereignis unter vielen. Die beiden berichteten ihr mit ernsten Gesichtern wie ihre Lieferung Weizen sabotiert worden war. Ganz eindeutig mit Urin, hoch geschwapptes Kanalwasser schlossen sie vehement aus. Auch ein Pferd oder anderes Tier hätten nicht zu dem Lagerplatz gelangen können. Serena hatte von all dem leider nichts bemerkt.

Sie beschuldigten Quintus und seine Gladiatoren, aber das erschien Faba völlig abwegig zu sein: "Er ist ein so ehrbarer Mann! Ich kann mir wirklich nicht vorstellen das Quintus oder einer seiner Gladiatoren dafür verantwortlich ist. Er legt großen Wert darauf sie gut zu behandeln, warum sollten sie seine Güte also für dergleichen Gemeinheiten ausnutzen?"

Kurz dachte sie an eine rätselhafte Bemerkung des Medicus vom Vorabend, als dieser Quintus gegenüber erwähnte das er an Msanaa nicht nur Geparden- sondern auch Nagetierbisse entdeckt hatte, verdrängte den Gedanken sofort wieder. So etwas würde die Vorurteile des Paares nur bestätigen.

Mehr beunruhigte sie die Ankündigung dass die beiden eine Feier planten für die sie das Buffet bereitstellen sollte. Etwas derartiges hatte sie noch nie gemacht und übertraf das servieren geschnittener Brotscheiben mit eingelegten Oliven um Weiten. So edel wie möglich! Ihre Knie wurden weich. Hoffentlich konnte ihr die alte Wirtin dabei wenigstens mit ein paar Ratschlägen zur Seite stehen.

Nachdem ihre Gäste gegangen waren setzt sich Faba wieder an den Kai und blickte melancholisch auf die Wellen. Hätte sie den beiden etwas sagen sollen? Es hätte Quintus geschadet, selbst wenn sich die Bemerkung als völlig haltlos erweisen würde. Sie verdiente gutes Geld mit ihren Gästen, warum also die einen gegen die anderen aufbringen? Vor allem wenn es ein so lieber und freundlicher Gast war... nein, es wäre falsch gewesen.

"Domina, kann ich helfen?" Serenas Stimme. Geistesabwesend bot Faba ihr den Platz neben sich an. Diese hatte sich schon vor Stunden mit der Begründung nach der Katze suchen zu wollen aus der Taverne geschlichen und war jetzt offensichtlich auf dem Rückweg, wenn auch ohne Katze.

Irgendwie kam Faba die Situation sehr vertraut vor: "Dann solltest du am besten mit einer hübschen Jagdgeschichte auftauchen." schlug Faba vor um Serenas lange Abwesenheit zu erklären. "Wer weiß auf welchen Baum du klettern musstest um sie zu retten.."

Serena grinste zum Mietshaus hinüber: "Oh, der Baum heißt Insula." Faba lachte. Den Blicken und der Aussagen der Sklavin nach hatte es ihr wohl in einer der Gladiatoren des Ludus Calpurnianus angetan und sie hegte Hoffnungen, von diesem eines Tages freigekauft zu werden. Übermütig sprudelte alles aus ihr hinaus und Faba lächelte, konnte sie alles doch nur zu gut nachvollziehen. Neugierig beobachtete sie Serenas Gesicht als sie einen Schuss ins Blaue wagte und wie beiläufig über Africa zu sprechen begann, der Heimat des Nubiers Msanaa.

Aber sie lag falsch. Ein Syrer namens Thalab war es also.. ein Gladiator den Quintus schon das ein oder andere Mal erwähnt hatte.

Als sie den beiden viel Glück wünschte meinte sie es aus ganzem Herzen. sie setzte schon an um Serena zu sagen das sie selbst als einfache Sklavin geboren wurde um sie in ihrer Hoffnung zu bestärken, aber irgendetwas hielt sie im letzten Moment zurück. Konnte sie jemandem etwas derart Intimes anvertrauen der gerade so bereitwillig so viel preisgegeben hatte? Sie würde erstmal abwarten, noch kannte sie Serena kaum.

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